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10. Januar 2016

Umweltfreundliche Lösungen für den peruanischen Bergbau

Der nachfolgende Artikel ist am 05.01.2016 von uns auf Peru Vision veröffentlicht worden:

http://www.peru-vision.com/de/news/wirtschaft/branchen/bergbau/item/umweltfreundliche-loesungen-fuer-den-peruanischen-bergbau.html

Perú ist eines der interessantesten Bergbauländer der Welt mit einigen der weltweit größten Lagerstätten von metallischen und nichtmetallischen Rohstoffen; es gibt wenige Elemente des Periodensystems, die in Perú nicht vorkommen. Alle großen Bergbaukonzerne der Welt von Anglo American, Alcoa über BHP Billiton bis Xstrata sind in Perú investiert, die geschätzten Kapitalanlagen im Bergbau betragen mehr als 55 Mrd. $.

Bergbau und Metallurgie haben in Perú eine Tradition die schon lange vor der Inkazeit beginnt. Schon die Chavin-Kultur, die zwischen 900 und 500 vor Christus in der Gegend des heutigen Ancash (ca. 400 km nördlich von Lima) angesiedelt war, begann mit der Verarbeitung von Gold, auch in Verbindung mit Silber und Kupfer.

Bergbauerzeugnisse stehen auch heute noch für mehr als 50% der Exporterlöse, die wichtigsten Mineralien, die Perú exportiert (in Klammern die Position in der weltweiten Rangliste der Minenproduktion) sind Kupfer (3), Gold (6), Zink (3), Blei (4), Zinn (3), Eisen (17) und Silber (3).

Die Rohstoffpreise sind jedoch in den letzten 18 Monaten so stark eingebrochen – der Rohstoffpreisindex hat sich seit Juni 2014 fast halbiert – dass auch Perú empfindlich betroffen ist. Die sehr positive Wirtschaftsentwicklung der letzten 10 Jahre mit Wachstumsraten von durchschnittlich mehr 6% ist derzeit ins Stocken geraten.

Neben fallenden Preisen und entsprechend weniger Steuereinnahmen für den peruanischen Staat kommen umweltpolitische Schwierigkeiten hinzu, die ihrerseits dafür sorgen, dass Minenprojekte im Wert von mehr als 20 Mrd. $ verzögert sind. Viele Projekte wurden nach massiven Protesten der Bevölkerung ganz auf Eis gelegt, weil massive Umweltschädigungen befürchtet werden. Der Bergbau dringt immer weiter in die Siedlungsgebiete der indigenen Bevölkerung ein und bedroht damit ihre Lebensgrundlage.

Perú ist dieserhalb zwar nicht im direkten Fokus der Weltöffentlichkeit, spätestens seit dem Dammbruch des Schlammbeckens von Samarco in Brasilien (Beteiligung von BHP Billiton) Anfang November 2015 ist jedoch bekannt, welche Schädigungen potenziell in allen großen Bergbauregionen auftreten können. Je niedriger der Gehalt an Wertmetallen im Gestein (je nach Mineral zwischen wenigen g/to z.B. bei Gold und wenigen kg/to bei Kupfer), desto größer ist der Abraum, der nach Herauslösung der Wertmetalle unter Zuhilfenahme von Chemikalien und Wasser in sogenannten Bergeteichen (‚Tailings Ponds’) gelagert wird. Bei der Samarco ist ein derartiger Damm gebrochen und es wurden ca. 60 Mio. m3 kontaminierter Schlamm und verschmutztes Wasser freigesetzt und abstromige Flüsse derartig verseucht, dass die Lebensgrundlage für ca. 200.000 Menschen für lange Zeit zerstört ist.

Seit 1965 gab es weltweit mehr als 60 Unglücke mit Bergeteichen, die aufgrund von Leckagen oder strukturellem Versagen (teilweise durch Erdbeben) giftigen Schlamm freigesetzt haben. Es gibt ausreichende technische Möglichkeiten, die in der Regel jedoch nicht genutzt werden, um mit möglichst geringem Aufwand sowohl während der Bauphase als auch während des laufenden Betriebs die notwendigen und sicheren, aber auch teureren Standards zu vermeiden.

In Perú kommt eine größere Anzahl von inoffiziellen bzw. illegalen Minenoperationen hinzu, die aufgrund der fehlenden offiziellen Registrierung bisher auf keine Umwelt- und Sozialstandards Rücksicht nehmen mussten und daher auch hier Umweltschäden verursacht wurden. Gerade im Amazonas-Gebiet welches eigentlich unter Naturschutz steht, wurden für die unkontrollierte Goldgewinnung tropische Wälder großflächig abgeholzt und freigesetztes Quecksilber vergiftete Flussläufe. Perú zeigt sich allerdings mittlerweile entschlossen bestehende Gesetze und Dekrete, die den illegalen Bergbau und die Verschmutzung der Umwelt eindämmen sollen, mit allen Mitteln durchzusetzen. Auch hier waren Proteste und Demonstrationen – diesmal nicht durch die leidtragende Bevölkerung sondern die Mineros selbst – die Folge. Die Anforderungen an die großen Bergbauunternehmen sind ebenfalls gestiegen, mittlerweile müssen neben verschärften Umwelt- auch viel strengere Sozialstandards eingehalten werden.

Das ökologische Bewusstsein ist in den letzten Jahren in Perú deutlich gestiegen. Im Mai 2008 wurde mit deutscher Unterstützung das Umweltministerium gegründet, das bei der Abwägung von ökologischen Interessen nun auch verstärkt von der peruanischen Öffentlichkeit unterstützt wird.

Gerade der kleinere Bergbau in Perú muss umweltfreundlich, wirtschaftlich nachhaltig und sozialverträglich werden. Ein Vorbild könnte die genossenschaftlich organisierte Minengesellschaft Sociedad de Trabajadores Mineros in Santa Filomena (Region Ayacucho) sein, die seit 25 Jahren als selbstverwaltetes Unternehmen am Markt tätig ist und heute ca. 30 kg Gold pro Monat produziert. Das Unternehmen hat sich für Fair Trade zertifizieren lassen und liefert im Rahmen der ‚Better Gold Initiative’ (Abnehmer von Produzentenbetrieben, die nachvollziehbare Umwelt- und Arbeitsstandards einhalten, werden mit Prämien belohnt) regelmäßig Gold in die Schweiz.

Auf umweltfreundliche Lösungen zielt auch das bereits im Juli 2014 zwischen Deutschland und Peru geschlossene Rohstoffabkommen. So wollen beide Länder bei der „umweltgerechten Stilllegung von Bergwerken und Rekultivierung von Bergwerksregionen“ zusammenarbeiten. Ein Anfang konnte im vergangenen Monat gemacht werden: die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoff (BGR) und die Regierung der peruanischen Region La Libertad vereinbarten, Bergbau-Altlasten wie Rückstände von Gold- und Buntmetall-Aufbereitungen im Distrikt Pataz zu untersuchen, wobei es auch um Möglichkeiten der Wiederaufbereitung (Sekundärbergbau) geht.

Perú ist aufgrund seiner geografischen Lage eines der weltweit am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder. Neben der Trinkwasserversorgung ist auch die Stromversorgung durch Wasserkraft aufgrund des Schrumpfens der Gletscher (Reduktion um 35% in den letzten 40 Jahren) und einer Verschiebung von Regen- und Klimazonen gefährdet. Viele große Minenbetriebe werden von eigenen Wasserkraftwerken mit Strom versorgt oder sind am nationalen Übertragungsnetz (SEIN) angeschlossen. Kleinere Minenbetriebe müssen teilweise über eigene Dieselkraftwerke versorgt werden, die sich hervorragend mit Photovoltaik-Anlagen ergänzen ließen, da der Betrieb von Dieselgeneratoren im Hochland durch die Transportkosten des Diesels sehr teuer ist und Hybrid-Systeme (eine Kombination von Diesel-Generatoren mit Photovoltaikanlagen) zu einer spürbaren Senkung des durchschnittlichen kWh-Preises führen. Solar allein würde nicht reichen, da die Minen rund um die Uhr betrieben werden, Versorgungssicherheit ist daher ein wichtiges Kriterium.

PV-Strom ist in Perú jedoch als zuverlässige, saubere und preiswerte alternative Stromerzeugung zu wenig bekannt. Mobile Anlagen zur ländlichen Elektrifizierung haben nicht den gewünschten Effekt gebracht, da mit der Lieferung der Technik keine ausreichende Schulung zur Nutzung und Pflege der Anlagen einherging, so dass mehr als die Hälfte der Anlagen aus entsprechenden Hilfs-Programmen heute nicht genutzt bzw. nicht mehr funktionsfähig sind. Große Anlagen werden erst seit der ersten staatlichen Auktion von Kapazitäten im Jahre 2009 gebaut, mittlerweile sind knapp 100 MW am Netz, weitere Anlagen werden folgen. Es gibt bisher allerdings keine PV-Anlagen in den typischen Bergbauregionen im Hochland, obwohl sich diese bestens für die solare Stromerzeugung eignen.

Die höchste solare Einstrahlung mit 200 – 300 W/m2 findet man in den ariden Zonen der Erde nördlich und südlich des 23. Breitengrades (südlicher Wendekreis), in Südamerika liegen dort neben Perú Chile, Argentinien und Brasilien. Die durchschnittliche Einstrahlung in der EU beträgt mit 100 – 200 W/m2 vergleichsweise gerade mal die Hälfte. Ein Solarkraftwerk mit einer Fläche von 800.000 km2 könnte die gesamte Welt mit Strom (Weltelektrizitätsverbrauch = 1000 EJ/a) versorgen, dies entspricht 2/3 der Fläche von Perú. Beste Voraussetzungen für eine nachhaltige und saubere Stromversorgung des Bergbaus. Man muss es nur tun.

Im November 2012 wurde beim IIMP (Instituto de Ingenieros de Minas del Perú) ein Seminar mit Unterstützung der Deutsch-Peruanischen Industrie- und Handelskammer veranstaltet, das sich mit dem Einsatz von Solaranlagen in der Minenindustrie beschäftigte. Die leicht verhaltene Resonanz im Kreise der Teilnehmer hat bisher nicht zu einem Projektansatz geführt. Es fehlt ein sog. ‚First Mover’ aus dem Kreise der großen Minenbetreiber, der eine Pilotanlage baut und damit den Nachweis erbringen könnte, dass PV-Strom nicht nur sauber und nachhaltig ist, sondern auch zu einer generellen Senkung der Energiekosten beiträgt. Im benachbarten Chile ist man mittlerweile sehr viel weiter, u.a. betreibt die CODELCO als größter Kupfer-Produzent der Welt mittlerweile eigene Solarkraftwerke.

Deutschland kooperiert nicht nur im Minenbereich mit Perú, sondern das Land ist auch Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Lateinamerika. Ein wichtiger Punkt in der Zusammenarbeit ist die Anpassung an den Klimawandel. Gerade Deutschland mit hervorragenden Technologien im Bereich CleanTech und Erneuerbare Energien kann Perú hierbei unterstützen, um Schutzgebiete zu erhalten und die sehr reichen Ressourcen des Landes sinnvoll und nachhaltig einzusetzen.

Im April 2016 findet eine durch das BMWI organisierte Reise im Rahmen der Exportinitiative Erneuerbare Energien nach Perú statt, Unternehmer aus Deutschland haben dort Gelegenheit ihre Technologien im Bereich Dezentrale Strom- und Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien zu präsentieren. (http://www.export-erneuerbare.de/EEE/Redaktion/DE/Veranstaltungen/2016/Geschaeftsreisen/gr-peru.html)

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